Gnadenhof Esternberg: Abschied von der alten Kuh Bora
Gnadenhofleiterin Anita schreibt: „Ihr Mut hatte sie vor 11 Jahren vor dem Schlachthof gerettet: damals war die Grauviehkuh Bora schon auf dem Transporter am Schlachthof in Vorarlberg angekommen...
Gnadenhof Esternberg: Abschied von der alten Kuh Bora
Gnadenhofleiterin Anita schreibt: „Ihr Mut hatte sie vor 11 Jahren vor dem Schlachthof gerettet: damals war die Grauviehkuh Bora schon auf dem Transporter am Schlachthof in Vorarlberg angekommen, hatte den grausigen Geruch nach Blut und Todesangst ihrer Artgenossen in der Nase, welche bereits vor ihr in der Tötungsmaschinerie angelangt waren. In der Panik des bevorstehenden Todes schaffte sie es aber damals, durch einen beherzten Sprung über die Rampe dem unmenschlichen Schlachthof zu entfliehen. Ihre Rettung war eine nahe gelegene Wohnsiedlung, in Todesangst lief sie sogar in ein Haus und fand sich im Kinderzimmer wieder! Bora hatte das große Glück, daß die Menschen ihre ausweglose Situation erkannten und das Tier nicht mehr an das Schlachtmesser ausliefern wollten.
Tierliebende Leute kauften die außergewöhnliche Kuh zum Schlachtpreis frei, sie durfte 2007 mit ihrem Artgenossen Viktor, der ein ähnliches Schicksal erlitten hatte (er ist bereits vor 2 Jahren verstorben), auf dem ANIMAL SPIRIT-Gnadenhof in Esternberg einziehen. Trotz der schlimmst-möglichen Erfahrung, die sie mit Menschen machen mußte, zeichnete sie sich durch ihren besonders sanftmütigen und ruhigen Charakter aus.
Es waren elf glückliche Jahre, die das Grauvieh in unserer wunderbaren Herde geretteter Rinder verbringen durfte. Bora zog sich im letzten Winter einen schlimmen Sturz zu, von dem sie sich trotz aller tierärztlichen Mühen nie mehr richtig erholte, das Gehen und Aufstehen fiel ihr immer schwerer. Die letzten Tage verschlechterte sich ihr Zustand drastisch und ein Aufstehen war dann gar nicht mehr möglich.
Es sind die traurigsten Augenblicke in unserer sonst so wunderbaren Arbeit mit den Tieren, wenn man spürt, daß es dem Ende zugeht und man sich für immer wird verabschieden müssen. Auch Bora selbst hat es gespürt, mit ihren wunderbaren braunen, großen Kuhaugen schien sie zu sagen: „Danke für all eure Liebe und Pflege, aber unser gemeinsamer Weg ist hier zu Ende…“ Um ihre kein unnötiges Leiden zuzumuten, hat sie schließlich unser Hof-Tierarzt erlöst. Am 12. November hätte sie ihren 20. Geburtstag gefeiert!
Wie allen Mitgeschöpfen auf unserem Gnadenhof die diese Welt verlassen haben, werden wir sie immer in unseren Herzen und Gedanken bewahren."
Lesen Sie dazu auch noch das berührende Schreiben vom damaligen Retter Alf Waibel an uns:
Hallo liebes Animal Spirit-Gnadenhof-Team,
vielen Dank für diese zugegebenermaßen sehr traurige Nachricht. In der Tat verbindet uns mit Bora mehr, als nur eine Patenschaft. Ich war lange Zeit Obmann beim mittlerweile leider seit vielen Jahren aufgelösten Tierrechts-Verein "Humanitas". Bora haben wir damals vor dem Schlachter freigekauft, nachdem sie in Vorarlberg für Schlagzeilen gesorgt hatte.
Die gute Bora (wie wir sie aufgrund ihres stürmischen Verhaltens dann genannt haben - Bora=adriatischer winterlicher stürmischer Fallwind) war nämlich bei der Verladung von ihrem Hof in Lauterach auf dem Weg zum Schlachter ausgebüxt und hatte Zuflucht im (leeren) Kinderzimmer eines nahen Wohnhauses gesucht. Bei der wilden Flucht ging das eine oder andere zu Bruch, und so fand der Fall in den Vorarlberger Medien, vor allem, in der Sendung "Vorarlberg Heute" seinen Nachhall. Daraufhin bekamen wir (Humanitas) viele Anfragen, man müsse da doch was tun - die wilde Flucht von Bora rührte an die Herzen vieler Vorarlberger. Die Geschehnisse spielten sich Mitte Oktober 2001 ab.
Aufgrund dessen entschieden wir uns, mit dem Bauern Kontakt aufzunehmen, in dessen Stall Bora dann wieder untergebracht wurde, bis zum nächsten potentiellen Transport zum Schlachter. Widerwillig stimmte er auf meine Anfrage nach einem Verkauf an uns zu, nachdem wir ihm zugesichert hatten, ihn nicht negativ in den Medien darzustellen. Wohlwissend, daß es nur ein Tropfen auf dem heißen Stein war, weil ja derart viele arme Geschöpfe jeden Tag für den fragwürdigen "Genuß" der Menschen umgebracht werden, war Bora für viele und auch für uns eine Symbolfigur und bestimmt auch ein Denkanstoß für viele Menschen zu dieser Zeit - wir haben darüber natürlich so gut wie möglich in den Medien berichtet.
Die Suche nach einem einigermaßen tiergerechten Platz war nicht so einfach (auch weil Bora noch ihre Hörner hatte), - wir fanden dann aber schließlich für eine mittelfristige Unterbringung einen Laufstall im Vorarlberger Oberland bei einem sehr freundlichen Bio-Bauern, bei dem Bora zu seiner Rinderherde stoßen konnte, nachdem er sie mit einem sehr komfortablen Tiertransporter, den wir selbst begleiteten, von Lauterach nach Rankweil transportierte. Bora war dann auch einen nachfolgenden Sommer (2002) lang auf einer Vorarlberger Alpe mit anderen kälberführenden Mutterkühen, wo sie einmal mehr für Schlagzeilen sorgte, weil sie - als einzige behornte Kuh in der Herde - die Herde der Mutterkühe samt Kälbern gegen ein paar Wanderer "verteidigte" :) - Zum Glück mit glimpflichem Ausgang - aber sie war dann noch einmal Medienstar in Vorarlberg…
Nachdem die Unterbringung beim Bauern in Rankweil keine ständige sein konnte, und ich mich mit Franz-Joseph Plank damals auf eine Unterbringung beim damals neuen Gnadenhof in Esternberg einigen konnte, gegen einen monatlichen Zuschuß von Verein zu Verein, wurde Bora schließlich mit dem Transporter des Bauern unter unserer Begleitung im Herbst 2002 zu Euch gebracht.
Nachdem Humanitas aufgrund mangelnder ehrenamtlicher Mitarbeiter und einem großen finanziellen Schaden durch die Anti-Schächt Aktion Nenning einige Jahre später nicht mehr weitergeführt werden konnte, haben wir Bora dann in den "Besitz" von ANIMAL SPIRIT übertragen. Seitdem genoß Bora noch so viele schöne Jahre bei Euch, was uns sehr glücklich macht.
So ist ihr Abschied von dieser Welt zwar ein trauriger, aber im Hinblick auf die vielen gewonnenen schönen Jahre und der insgesamt mit fast 20 Jahren doch recht hohen Lebenszeit auf dieser Welt - vor allem für ein Tiroler Graurind, welches sie ja war (die ja primär auf Fleischleistung gezüchtet werden, und daher sehr schwer werden - sicher auch ein Problem bei der in die Jahre gekommenen Bora für ihre Beine), doch ein nachvollziehbarer und verständlicher.
Ich möchte mich noch einmal für Eure hingebungsvolle Arbeit für Bora bedanken. Ein Tier unter Tausenden, das ein würdiges und erfülltes Leben genießen durfte. Eine stürmische Symbolfigur, die sicher auch vielen Besuchern Eures Hofes und jenen, die von ihrer Geschichte gewußt haben, vielleicht einen kleinen (Um)Denkanstoß geben konnte.
Weiterhin viel Erfolg bei Eurer Arbeit!
Herzliche Grüße aus Vorarlberg
Alf Waibel