Sie sind hier

Weniger Fleisch, weniger Resistenzen

02.10.2017

ORF: Weniger Fleisch, weniger Resistenzen

Immer mehr Bakterien werden unempfindlich gegen Antibiotika. Schuld daran ist auch der massive Einsatz in der Nutztierhaltung. Forscher plädieren nun für globale Regulierungen, Nutzungsgebühren und dafür, den Fleischkonsum drastisch einzuschränken. Was hat der Fleischkonsum mit Antibiotikaresistenzen zu tun? Mehr als man denkt. Der große Hunger nach tierischem Protein ließ den Einsatz der Medikamente in der Tiermast explodieren. Weltweit werden jährlich mehr als 130.000 Tonnen verbraucht (Referenzjahr 2013), das meiste davon in China, den USA und Brasilien. In den USA landen heute fast 80 Prozent aller verwendeten Antibiotika in der Tierhaltung. In Österreich werden vergleichsweise wenige an Nutztiere verfüttert, laut dem Resistenzbericht AURES waren es 2015 46 Tonnen.

Tiere auf engem Raum

Unter anderem sollen Antibiotika das Wachstum befördern. Das haben US-amerikanische Bauern bereits in den 1950ern entdeckt. In der Europäischen Union ist der Einsatz als Wachstumsmittel heute offiziell verboten. Aber auch hier brauchen die Nutztiere, die häufig auf engstem Raum leben, die Medikamente zur Behandlung von Krankheiten. Sicherheitshalber erhält oft gleich die ganze Herde die Therapie. Manchmal werden die Mittel sogar vorsorglich verabreicht.

Dieser enorme Antibiotika-Verbrauch in der Tierhaltung soll dazu beitragen, daß immer mehr Keime nicht mehr auf die einstigen Wundermittel reagieren. Vor einem Jahr bezeichnete die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Verwendung von Antibiotika in der Tiermast als eine der wichtigsten Ursachen für die Entstehung dieser Resistenzen.

Noch ist kein Ende der Praxis in Sicht, dabei sei es allerhöchste Zeit zu handeln, schreiben die Forscher um Thomas Van Boeckel von der ETH Zürich in ihrer aktuellen Arbeit. Denn wenn nicht eingegriffen wird, könnte der weltweite Verbrauch von Antibiotika bei Tieren bis 2030 noch weiter steigen, auf über 200.000 Tonnen. Besonders in Ländern, die erst jetzt zunehmend auf intensive Tierhaltung setzen, werden mehr Mittel nötig werden.

Ein kleiner Burger pro Tag

Die Autoren nennen drei konkrete Maßnahmen, mit denen sich die Verwendung insgesamt um bis zu 80 Prozent drosseln ließe: Erstens sollte der Einsatz reguliert werden: Pro Kilogramm produziertem Fleisch sollten nur 50 Milligramm Antibiotika erlaubt sein. In manchen europäischen Ländern ist das heute schon der Fall. Global könnte das eine Reduktion um 64 Prozent bringen.

Zweitens sollte der Fleischkonsum eingeschränkt werden: Weltweit sollte jeder nur so viel Fleisch zu sich nehmen, wie sich in einem einfachen Fast Food-Burger befindet. Das sind etwa 40 Gramm. Zum Vergleich: US-Amerikaner konsumieren im Durchschnitt 260 Gramm Fleisch täglich, Österreicher etwas weniger als 180 Gramm. Die Beschränkung könnte die globale Verwendung von Antibiotika in der Tierhaltung um 66 Prozent reduzieren.

Drittens sollten die Medikamente teurer werden: Eine Nutzungsgebühr, die etwa 50 Prozent des Verkaufspreis beträgt, könnte in die Entwicklung von alternativen Medikamenten gesteckt werden. Das würde laut den Autoren eine Antibiotika-Reduktion um 31 Prozent bringen.

Tierschutz-Themen: