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Trünkel: Das Ende einer Fleisch-Tradition

12.12.2016

Die Presse: Wegen Supermarktketten und Vegantrends: Nach 111 Jahren schließt das Wiener Wurstspezialitäten-Unternehmen Trünkel im April 2017 für immer.

Auf der Facebookseite werden noch die Weihnachtsaktionen beworben: Wiener Sacherwürstel, Preiselbeerpastete, Försterschinken, Roastbeef und Prosciutto Villa Bianca. Dazu Carpaccio, Südamerikanischer Lungenbraten, Trüffelpastete und Kalbsleber. Im April 2017 wird diese Seite verloschen sein. Dann werden dort keine Rezepte mehr wie Blunz'ngröstl mit frischem Kren zum Nachkochen zu finden sein. Und dann ist mit Trünkel ein weiteres Wiener Traditionsunternehmen Geschichte.

„Wir haben rechtzeitig die Reißleine gezogen“, hält Hans Trünkel, Geschäftsführer des Familienbetriebs, nüchtern fest. In rund vier Monaten wird das Unternehmen geordnet geschlossen, das seine Wiener Wurstspezialitäten seit 1905 anbietet und über die Grenzen der Stadt bekannt ist. Was meint Trünkel mit „rechtzeitig“ die Reißleine gezogen“? Das Unternehmen schlittert nicht ungeordnet in eine Insolvenz, die Mitarbeiter und Gläubiger mit leeren Händen zurückläßt. Vielmehr wird das Geschäft in Ruhe und geordnet beendet: Die Mitarbeiter erhalten Gehälter, Weihnachtsgeld, Abfertigungen, auch die Lieferanten werden bezahlt. „Es fallen keine Kosten für die öffentliche Hand an“, so Trünkel in Anspielung an den staatlichen Insolvenz-Entgeltfonds, der bei Pleiten normalerweise einspringen und die Gehälter auszahlen muß. Sein Unternehmen habe keine Verbindlichkeiten oder Bankschulden, betont Trünkel: „Aber die Eigenmittel sind aufgebraucht.“ Die Schließung kommt, weil er keine Zukunft für das Familienunternehmen mehr sieht.

Es gibt einige Gründe, weshalb Trünkel aufgibt. „Zur Fortführung des Betriebes wären millionenschwere Investments nötig. Die dafür erforderlichen Mittel konnten und können auch in Zukunft nicht erwirtschaftet werden“, erklärt der Geschäftsführer des Familienbetriebs: „Wenige Einkäufer bestimmen über 95 Prozent des Umsatzes in der Fleisch- und Wurstindustrie.“ Im Klartext: Der Preis in der Fleischindustrie wird von wenigen Handelsketten bestimmt. Und dort zähle laut Trünkel in erster Linie der Preis, und nicht die Qualität. Dazu kommt, was der Fleisch-Unternehmer als „geändertes Kundenverhalten“ bezeichnet. Es gehe einerseits um (immer mehr) Veganer und Vegetarier und den gesellschaftlichen Trend zu einer fleischlosen, gesunden und nachhaltigen Ernährung. „Unsere Produkte, also Fleisch und Wurst, sind medial sehr negativ behaftet“, meint der Geschäftsführer. Dazu käme, daß die muslimische Bevölkerung als Kunde ausfalle und die Rückgänge nicht kompensiert werden könnten: „In 90 Prozent unserer Produkte ist Schweinefleisch drinnen.“

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