naturschutz.ch: Jagd ist kein Allheilmittel gegen Afrikanische Schweinepest
Panik herrscht derzeit in Deutschland aufgrund der sich ausbreitenden Afrikanischen Schweinepest. Die Strategie, durch Jagd den Wildschweinbestand drastisch zu reduzieren, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern, ist der falsche Lösungsansatz. Die Afrikanische Schweinepest ASP grassiert derzeit nahe der deutschen Grenze. Nutztierhalter sind besorgt um ihren Bestand, die Behörden schlagen Alarm. In einer Sonder-Agrarministerkonferenz beschäftigen sich Landwirtschaftsminister der Bundesländer vermehrt mit dieser anzeigepflichtigen Tierseuche, die Haus- und Wildschweine betrifft. Dabei wird der Ruf nach Jagd auf Wildschweine laut und die drastische Dezimierung wird gefordert. Dr. Diana Pretzell, Leiterin Naturschutz beim WWF Deutschland befindet dies als den falschen Weg. Vielmehr ist eine Änderung der Landwirtschaft, der Tierhaltung und des Konsumverhaltens gefordert, um die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern.
Ursprung der Krankheit
Die Afrikanische Schweinepest wird in den Ursprungsländern hauptsächlich durch Lederzecken übertragen. In Mitteleuropa erfolgt die Übertragung durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren oder verunreinigter Umgebung. Erstmals trat die Virusinfektion 2007 in der Ukraine auf und verbreitete sich von dort aus weiter über das das Baltikum und Polen. Im Juni 2017 wurde sie erstmals in Tschechien nachgewiesen. Die Infektion mit dem Virus endet für die Tiere tödlich und es wurde noch kein Impfstoff gefunden. Für den Menschen besteht jedoch keine Ansteckungsgefahr.
Bekämpfung der Ursachen, nicht der Folgen
Die Wildschweinbestände sind in Deutschland innerhalb der letzten Jahre explodiert. Der leichte Zugang zu Nahrung auf Ackerflächen trägt wesentlich zum Populationsanstieg bei. Lag die Zahl der erlegten Wildschweine in Deutschland 1998/99 noch bei 200.000 Tieren, stieg sie 2016/17 auf knapp 590.000. (Anm. von ANIMAL SPIRIT: auch in Österreich hat sich die Zahl der Wildschweine dramatisch erhöht, aber nicht nur aufgrund des gestiegenen Mais- und Raps-Monokulturanbaues, sondern hauptsächlich aufgrund der Bejagung: so wurden lange Jahre immer die Leitbachen aus den Rotten geschossen, worauf alle anderen weiblichen Tiere dieser Herde empfängnisbereit wurden und sich so die Zahl der geworfenen Frischlinge vervielfacht hat, also eindeutig ein provzierter Fehler von Jägerschaft!).
„Das derzeitige mediale Halali ist überflüssig. Der Ruf nach Jagd als Allheilmittel ist purer Aktionismus. Er lenkt von den Ursachen der gewachsenen Wildschweinbestände ab. Seit der großflächige Anbau von Mais und Raps in Deutschland stark zugenommen hat, gehen die Wildschweinzahlen durch die Decke. Wer die Zahl der Wildschweine in Deutschland dauerhaft senken will, wird mit Jagd allein keinen Erfolg haben. Dazu braucht es wieder mehr Vielfalt auf den Anbauflächen anstelle von Mais- und Rapswüsten. Wir fordern die Landwirtschaftsminister der Bundesländer auf, daß sie die Ursachen für das rasante Wachstum der Wildscheinbestände bekämpfen, anstatt zum Halali zu blasen. Sie könnten zum Beispiel staatliche Förderung für Landwirte an die Einhaltung von mindestens vierjährigen Fruchtfolgen mit mindestens zehn Prozent Körnerleguminosen koppeln oder Weidehaltung fördern, um die Maissilage zu reduzieren.“ Zudem müssen sich die Hygienemaßnahmen drastisch ändern, so Pretzell.
„Ad hoc müssen die Halter von Hausschweinen von den Ländern vor allem nach allen Kräften bei ihrer konsequenten Stallhygiene unterstützt werden. Dazu zählt:
* Hausschweine sind vor dem Kontakt mit kontaminiertem Material und mit Wildschweinen zu schützen.
* Transportfahrzeuge müssen sorgfältig und regelmäßig gereinigt werden.
* Verbraucher müssen mit Wurst- und Fleischwaren aus Ländern wie Polen oder Tschechien sorgfältig umgehen.“