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Gänse: Leiden für Weihnachten

04.12.2017

Vebu.de: Gänsehaltung: Gänse leiden für den Festtagsbraten

Vor allem in der Zeit zwischen Sankt Martin und Weihnachten hat der Gänsebraten eine lange Tradition, jedoch auch eine sehr traurige. Die intelligenten und sozialen Tiere führen in der Gänsehaltung ein kurzes Leben, in dem sie ihren natürlichen Bedürfnissen nicht nachgehen können. Nicht selten unterstützt man durch den Kauf von Gänsefleisch qualvolle Praktiken: den Lebendrupf zur Gewinnung von Daunen und Federn sowie die Stopfleberproduktion.

In Deutschland (und auch Österreich) zählt Gänsebraten zu den klassischen Weihnachtsgerichten. Das Leben einer Gans ist jedoch wenig festlich. Der Gänsebraten in deutschen Supermärkten stammt meist aus dem europäischen Ausland wie Polen und Ungarn. Dort sind die sozialen Tiere häufig schlechten Haltungsbedingungen ausgesetzt: Stopfleberproduktion und Lebendrupf sind keine Seltenheit.

Gänsebraten: Gericht mit langer Tradition

Gänse wurden bereits vor Jahrtausenden domestiziert. Während sie früher auch als Wachtiere eingesetzt und im alten Ägypten als Schoßtiere gehalten wurden, dient die heutige Gänsehaltung hauptsächlich der Fleischproduktion und der Gewinnung von Daunen und Federn. Schon im 1. Jahrhundert wußten die Germanen um die wärmende Wirkung von Daunen – auch Stopfleber war schon früh als Delikatesse bekannt.

Gänsebraten wird saisonal nachgefragt und meist in den Monaten November und Dezember verzehrt. Diese Tradition geht zurück auf Sankt Martin und den katholischen Brauch der Martinsgans. Es gibt verschiedene Legenden und Erklärungen für diesen Brauch. Eine davon: Am 11. November wurden Steuern oder Lehnsabgaben fällig, welche oftmals in Form von Naturalien, zum Beispiel einer Gans, erbracht wurden.

Gänsehaltung in Deutschland und Europa

2013 lebten in Deutschland 544.200 Gänse in 4.600 Gänsehaltungsbetrieben – in konventionellen oder Biobetrieben und dort meist in Freilandhaltung. Die Zahl der Schlachtungen nahm über die Jahre zu, dennoch können heimische Produzenten die Nachfrage nach Gänsebraten nicht decken.

Laut Statistischem Bundesamt waren es 2013 rund 24.500 Tonnen Gänsefleisch, die importiert wurden. Was viele nicht wissen: Der Gänsebraten stammt häufig aus Stopfleberbetrieben. Insgesamt landen in Deutschland jedes Jahr etwa 10 Millionen Gänse im Handel. Der Pro-Kopf-Verbrauch von Gänsefleisch liegt in Deutschland bei 400 g pro Jahr.

Vernachlässigung der natürlichen Bedürfnisse von Gänsen

Voraussetzungen und notwendige Standards für die Haltung von Hausgänsen (Anser anser f. domesticus) legt die Europaratsempfehlung fest. Sie enthält Angaben zu verschiedenen Bedingungen der Haltung wie Zugang zu Wasser, Auslauf, Fütterungs- und Tränkvorrichtungen sowie Schutz vor Verletzungen. Die Anforderungen sind jedoch unkonkret und dadurch wenig aussagekräftig, wie zum Beispiel in Artikel 4 Absatz 4: „Die Größe oder Dichte der Herde sollte nicht zu groß sein.“ In der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung für Deutschland sind Gänse und Enten gar nicht aufgeführt.

Stopfleber: qualvolle Gänsehaltung

Stopfleber – Foie Gras – gilt vor allem in Frankreich als Delikatesse. Für die krankhaft vergrößerte Leber werden Gänse über einen Zeitraum von 15 bis 21 Tagen 3-mal täglich mittels eines langen Metallrohrs zwangsernährt. Dieses schiebt man ihnen durch die Speiseröhre in den Magen und verabreicht ihnen so ein Gemisch aus Mais und Fett. Innerhalb von bis zu 3 Wochen wächst die Leber auf das 6- bis 10-fache des Normalgewichtes, dann sind die Gänse schlachtreif. Die Zwangsfütterung ist für die Gänse sehr schmerzhaft und führt häufig zu Verletzungen, psychischem Streß, Lebererkrankungen und Lahmheit.

Stopfleberproduktion ist in den meisten EU-Ländern verboten

Bis auf wenige Ausnahmen, zum Beispiel Ungarn, ist die Produktion von Stopfleber in den meisten europäischen Ländern bereits gesetzlich verboten. Viele Menschen unterstützen jedoch unwissentlich die Stopfleberproduktion, da es bisher keine europaweite Kennzeichnungspflicht für die Herkunft solcher Produkte gibt. Import und Verkauf von Stopfleber, dem Fleisch der Gänse sowie ihren Federn und Daunen sind nach wie vor erlaubt.

Daunen und Federn: schmerzhaftes Nebenprodukt des Gänsebratens

Federn und Daunen von Gänsen, die später als Gänsebraten auf dem Teller landen, werden für Bettwaren und Textilien genutzt. Der Rupf am lebenden Tier ist laut Europaratsempfehlung verboten. Eine Ausnahme stellt das Raufen während der Mauser (natürlicher Federwechsel) dar. Federn und Daunen sind während dieser Phase bereits gelockert. Dennoch passiert es oft, daß festsitzende Daunen und Federn gerupft werden und die Gänse unter Schmerzen leiden. Zusätzlichen Streß erleben die Tiere, weil sie für das Raufen von ihren Artgenossen getrennt und festgehalten werden.

Deutschland kann seinen Bedarf an Daunen und Federn nicht aus eigener Produktion decken und importiert ungefähr 16.000 Tonnen aus Osteuropa und Asien. Tierschutzvorgaben gibt es dort kaum bis gar nicht. Der Lebendrupf ist in diesen Ländern keine Seltenheit. Es kann also passieren, daß man mit dem Kauf von Daunen und Produkten aus Daunen ungewollt Tierleid unterstützt, da der Lebendrupf für die Tiere sehr schmerzhaft ist.

Schlachtung der sogenannten Weihnachtsgans

In Freiheit können Gänse etwa 20 Jahre alt werden, in der konventionellen Massentierhaltung leben sie nur 8–10 Wochen beziehungsweise nur 20 Wochen in Biobetrieben. 2013 wurden allein in Deutschland mehr als 580.000 Gänse geschlachtet. Die übrigen 80–90 % stammen aus dem Ausland.

In der Regel werden lebende Gänse genau wie Hühner kopfüber an ein Förderband gehängt und im Wasserbad elektrisch betäubt. In manchen Fällen kann die Betäubung auch durch Bolzenschußgeräte erfolgen. Anschließend werden die Gänse „angestochen“, dann läßt man sie ausbluten. Wie bei der Schlachtung von Kühen, Schweinen und Hühnern kommt es dabei zu Problemen, sodaß viele Tiere ohne Betäubung getötet werden.

Was jeder Einzelne tun kann, um Gänsen zu helfen

Der beste Weg, das Leiden der Gänse zu vermeiden, ist, keinen Gänsebraten, keine Foie Gras oder Waren zu konsumieren, die Bestandteile von Gänsen enthalten. Das schließt auch Produkte mit Daunen oder Federn ein. Es gibt jedoch zahlreiche Alternativen in der Modebranche, die ebenfalls warmhalten.

Fazit

Der Gänsebraten ist für viele Menschen ein klassisches Weihnachtsessen, aber für die Gänse eine qualvolle Tradition. Die Gänse leiden vor allem im europäischen Ausland unter schlechten Haltungsbedingungen. Sie können ihren natürlichen Bedürfnissen nicht nachgehen und führen ein kurzes, trauriges Leben. Heutzutage gibt es viele tierfreundliche Fleischalternativen sowie tierleidfreie Mode, die weder zur Weihnachtszeit noch sonst etwas vermissen lassen.

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