Naturschutzbund: Kärnten beim Wolfsmanagement auf dem Holzweg
OTS.at: Mit einer Bilanz von knapp 300 Nutztierrissen und dem europarechtswidrigen Abschuß eines streng geschützten Tieres kann die Kärntner Wolfsverordnung als gescheitert betrachtet werden. Weidetierhalter in Kärnten brauchen praktikable Unterstützung in Form von Herdenschutzförderung.
Anläßlich des ersten offiziellen Abschusses eines Wolfes über die Kärntner Wolfsverordnung nimmt der Naturschutzbund Österreich Stellung zum Kärntner Wolfsmanagement. Dieses besteht im Grunde einzig aus dem gedeckelten Kärntner Wildschadensfond zur Entschädigung von Verlusten durch Wolf, Braunbär, Fischotter, Biber und Luchs und der seit Anfang 2022 aufgehobenen Schonzeit für den Wolf.
Wolfsfreies Kärnten unrealistisch
Dieses Jahr wurden bereits 13 Einzelwölfe und das grenzübergreifende Rudel „Hochstadel“ genetisch in Kärnten nachgewiesen. Es ist aufgrund der fortschreitenden Besiedlung des Wolfes in unseren Nachbarländern davon auszugehen, daß die Zuwanderung von Einzeltieren auch in Kärnten zunehmen wird und sich weitere Wolfspaare finden, die ein Rudel gründen. „Ein wolfsfreies Kärnten widerspricht nicht nur dem europäischen Artenschutzrecht, es ist angesichts der Wanderbereitschaft junger Wölfe praktisch nicht umsetzbar oder nur unter Einsatz ethisch verwerflicher Jagdpraktiken aus dem Mittelalter wie dem Einsatz von Gift“, erklärt Lucas Ende, Artenschutzkoordinator beim Naturschutzbund Österreich.
Keine Abnahme der Nutztierverluste durch Wolfsverordnung
Nach Angaben des Österreichzentrums Bär, Wolf, Luchs wurden in Kärnten dieses Jahr rund 300 Nutztiere nachweislich durch Wölfe getötet. Gegenüber den 123 direkten Verlusten durch Wölfe im Vorjahr ist das mehr als eine Verdopplung. Ob und wie viele der Tiere entsprechend den Empfehlungen des Österreichzentrums vor Übergriffen geschützt waren, ist unklar. Aufgrund des gedeckelten Wildschadensfonds ist die Entschädigungssumme pro Tier jedes Jahr unterschiedlich hoch. In anderen Bundesländern gibt es fixe Schadensersatzsätze.
Auf Herdenschutz setzen
Fördermaßnahmen zur Unterstützung der Weidetierhalter bei der Umsetzung von Herdenschutzmaßnahmen gibt es in Kärnten im Gegensatz zu anderen Bundesländern wie Salzburg und Tirol keine. Die Bereitstellung finanzieller Mittel zur Vermeidung von Schäden gehört zu den Grundsätzen des Wolfsmanagements, auf die sich alle Bundesländer, der Bund und Interessenvertretungen geeinigt hatten. Erfahrungen aus den Nachbarländern zeigen, daß sich Investitionen in den Herdenschutz absolut lohnen. In der Schweiz nahmen die Nutztierrisse trotz steigender Wolfszahlen dieses Jahr voraussichtlich nicht zu. Zugleich werden die Almen dort durch gezielte Beweidung mithilfe von Hirten besser offengehalten. Österreichs Almen verbuschen dagegen zunehmend.
Der Naturschutzbund ruft zu einer Versachlichung der Debatte rund um den Wolf auf. Er ist weder reißende Bestie noch Kuscheltier, sondern ein in Österreich heimisches Wildtier.