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Die Vogelgrippe-Viren kommen aus dem Stall

06.02.2017

www.ariwa.org: Pulverfaß Tierindustrie - Behörden zeigen sich machtlos – ökonomische Interessen werden über Tier- und Menschenschutz gestellt.

Seit mehr als drei Monaten grassiert in Deutschland (und teilweise auch in Ö) nach 2009 und 2014 erneut die Vogelgrippe. In zahlreichen Bundesländern wurde die Stallpflicht für Vögel angeordnet. Bereits Hunderttausende, meist gesunde Tiere wurden getötet. Das zuständige Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (Friedrich-Löffler-Institut) geht davon aus, daß Wildvögel das Virus von Asien nach Europa transportieren und hier verbreiten. Diese Theorie wird in Fachkreisen jedoch zunehmend in Frage gestellt, da sie erhebliche Lücken aufweist und mit den derzeitigen Befunden nicht vereinbar ist. Die sehr viel wahrscheinlichere Ursache für die regelmäßigen Vogelgrippe-Epidemien ist die kommerzielle Tierhaltung selbst.

Das Friedrich-Löffler-Institut setzt seit 2006 blind auf die Theorie, daß Wildvögel als Krankheits-Überträger das Virus von Asien nach Europa und innerhalb Europas verbreiten. Diese Theorie wird von unabhängigen Experten jedoch als unschlüssig eingestuft. Denn sie kann weder die Verbreitungswege der Vogelgrippe erklären noch die Frage beantworten, wie die Erreger in geschlossene Ställe gelangen. Tatsächlich müssen ganz andere Mechanismen eine Rolle spielen. Das bestätigen auf Anfrage auch Fachleute aus maßgeblichen Behörden.

Sicher ist, daß die Vogelgrippe unter Wildvögeln schon immer vorkommt. Wissenschaftler gehen jedoch davon aus, daß die hoch-pathogenen, tödlichen Keime erst in den industriellen Vogelställen entstehen. Aus diesen Ställen, in denen 10.000e Vögel, dichtgedrängt auf engstem Raum, auf ihren eigenen Exkrementen stehen, gelangt das Virus – trotz erhöhter Hygienestandards, trotz Stallpflicht und der Massentötung ganzer Herden, trotz des Verbots der Ausbringung von Kot – wieder ins Freie, wo seiner weiteren Verbreitung durch Kot auf den Feldern sowie durch Transporte von Tieren, Futter, Einstreu und Abfall Tür und Tor geöffnet ist. Der internationale Handel mit Geflügel und Geflügelprodukten erhöht das Risiko, daß sich die Krankheitserreger global ausbreiten.

Realitätsverleugnung und Schutzlücken gefährden das Leben von Menschen und Tieren
Mit der weiteren Ausbreitung der Vogelgrippe steigt auch die Gefahr von Zoonosen, also der Krankheitsübertragung von Tieren auf Menschen. Besonders gefährdet sind zudem Wildvögel, darunter auch seltene Arten. Solange die tatsächlichen Ursachen und Übertragungswege nicht detailliert erforscht werden, einschließlich der Schlüsselrolle der industriellen Tierhaltungen, bleiben die Risiken bestehen und die Behörden reine Verwalter der Epidemie.

Selbst dann aber werden zwangsläufig Schutzlücken bestehen bleiben. Aufgrund der mehrtägigen Inkubationszeit bleibt etwa eine Infektion mit hochpathogenen Viren unentdeckt, wenn sie eine Herde erst kurz vor dem Ende der Mastperiode befällt. Die infizierten Tiere landen unerkannt im Schlachthof und in den Tiefkühltruhen, ihr Kot landet mitsamt den pathogenen Keimen auf den Feldern, von wo sich die Viren weiter durch Wildvögel verbreiten oder über das dort angebaute Futter im nächsten Stall landen. Angesichts der kurzen, nur etwa 30-tägigen Mastperiode von Hühnern und einer Inkubationszeit von zwei Tagen bleibt rechnerisch jeder fünfzehnte Fall von Vogelgrippe unentdeckt.

Ebenso kann beim Befall einer Elterntierhaltung die anschließende Verbreitung durch „Eintagsküken", die zu Tierfutter verarbeitet oder direkt an andere Tiere verfüttert werden, nicht mehr effektiv verhindert werden. So gibt es Hinweise darauf, daß der Ausbruch der Vogelgrippe in Israel im Herbst letzten Jahres auf den Export deutscher „Eintagsküken" zurückzuführen sein könnte. Und selbst die direkte Übertragung auf Menschen durch rohe Eier oder Rohwurst aus Geflügelfleisch hält das Bundesinstitut für Risikobewertung für denkbar, auch wenn es dafür bisher keine belegten Fälle gibt.

Aufgrund der Unwissenheit über die Verbreitungswege können die Behörden keine geeigneten Maßnahmen ergreifen, um das Problem zu lösen. Ihre Hauptaufgabe ist im Augenblick das Management der Epidemie. Die Tötung von gesunden oder mit niedrig pathogenen Viren infizierten Tieren stellt dabei blinden Aktionismus dar, der ausschließlich ökonomisch motiviert ist: Einfuhrverbote für deutsches Geflügel in andere Länder soll verhindert und die Konsumentinnen sollen beruhigt werden. Ein Stopp von Epidemien aus der Tierhaltung und der Schutz von Mensch und Tier können unter Beibehaltung der kommerziellen Tierhaltung schlicht nicht gewährleistet werden. Das Pulverfaß Tierindustrie läßt sich nur entschärfen, indem es stillgelegt wird.

Update (16.01.2017): Aufgrund der Vogelgrippe-Epidemie in Deutschland ist der Export von Putenküken in die Nachbarländer gestoppt. Diese verweigern die Einfuhr. Die Folge: Hunderttausende gesunde Putenküken wurden bereits in niedersächsischen Brütereien getötet, da in deutschen Ställen kein Platz für sie ist.

Update (27.01.2017): Innerhalb weniger Tage hat sich die neue Vogelgrippe-Variante H5N5 im größten Putenmastbetrieb Schleswig-Holsteins ausgebreitet. Mittlerweile sind alle vier Haltungen des Betriebs betroffen. Knapp 34.000 Puten werden getötet. Das wirft Fragen auf: was bringt die Stallpflicht, die seit November in Schleswig-Holstein gilt? Daß alle Haltungen dieses Betriebs fast zeitgleich betroffen sind, spricht dafür, daß das Virus nicht von außen in die einzelnen Hallen eingeschleppt wurde. Wahrscheinlicher ist, daß es entweder betriebsintern durch Mitarbeiter/innen und Equipment weitergegeben wurde oder durch z.B. Futter oder Einstreu übertragen wird.

Siehe auch www.animal-spirit.at/news/vogelgrippe-die-stallpflicht-ist-schädlich

Weitere Infos zur H5N8-Situation siehe auch www.wai.netzwerk-phoenix.net/

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